Abstract
Harninkontinenz Urinary incontinence Circa drei bis vier Millionen Frauen sind in Deutschland
mit Harninkontinenzbeschwerden belastet. Durch genetische
Dispositionen und die steigende Lebenserwartung
kann von einer weiteren Zunahme des Krankheitsbildes
ausgegangen werden. Die Basisdiagnostik (Anamnese,
Fragebögen, Miktionsprotokoll, Ausschluss von Restharn,
Harnwegsinfekt und Prolaps) erlaubt die konservative
Therapie (Verhaltens- und Beckenbodentraining, Medikation,
Pessare) zu indizieren. Neben der Option, die Belastungsharninkontinenz
mittels Duloxetin zu therapieren,
haben sich pharmakokinetische Aspekte der Therapie der
Reizblase (antimuskarinerg: M3-selektiv, transdermale
Applikation, nahrungsmittelunabhängige Resorption,
Umgehung des Leberstoffwechsels; sympathomimetisch:
β3-Rezeptor-selektiv) rasant weiterentwickelt. Erst bei
Versagen der konservativen Therapie und im Rahmen der
Operationsplanung ist eine weiterführende Diagnostik
(Sonografie, Urodynamik und Urethrozystoskopie) erforderlich.
Die operative Therapie der Belastungsharninkontinenz
dominiert durch spannungsfreie Bandeinlagen, die
therapieresistente Reizblase kann durch Botox-Injektionen
bzw. sakrale Neuromodulation positiv beeinflusst werden.
Die Harninkontinenz hat längst die Tabuzone verlassen
und kann durch Ausschöpfen der modernen Diagnostik
und Therapie in ca. 90 % erfolgreich behandelt werden. Ralf Tunn Fachbereich Urogynäkologie, Deutsches Beckenbodenzentrum, St. Hedwig Kliniken, Berlin Reviewer: Heiko B. G. Franz, Braunschweig, und Gülten Oskay-Özcelik, Berlin
Tunn R. Harninkontinenz Gynakol Geburtsmed Gynakol Endokrinol 2015; 11(2): 160–173 publiziert 31.07.2015 www.akademos.de/gyn ©akademos Wissenschaftsverlag 2015 ISSN 1614-8533
|